Helene Papanek

rund_int51Helene Papanek wurde am 10. Juni 1901 in Wien geboren. Sie stammte aus einer wohlhabenden Ärztefamilie. Ihre Eltern waren aus Russland nach Österreich immigriert. Ihr Vater leitete in Wien die Fango-Heilanstalt (Wiener Kuranstalt), ein privates Sanatorium für psychisch Kranke. Helene Papanek studierte Medizin und promovierte 1925 an der Universität Wien. Danach absolvierte sie ihren Turnus im Allgemeinen Krankenhaus in Wien. 1927 begann sie die Facharztausbildung zur Internistin und Neurologin. Ab 1929 arbeitete sie in der Wiener Kuranstalt, 1931 wurde sie Fachärztin und 1936 schließlich Chefärztin der angesehenen Klinik.

Durch ihre Aktivitäten in der Jugendbewegung der Sozialdemokratie lernte sie Ernst Papanek, ihren späteren Ehemann, und auch Alexandra Adler kennen. 1926 heiratete sie Ernst Papanek. Gemeinsam mit ihm gehörte sie zum Kreis um Alfred Adler. Anfang der 1930er-Jahre unterzog sie sich einer Analyse bei Josef Friedjung, einem Kinderarzt und Psychoanalytiker, der ab 1909 Mitglied der Psychoanalytischen Vereinigung war.

1938, vier Jahre nach der Flucht ihres Mannes, floh Helene Papanek mit ihren Söhnen nach Brünn und 1939 weiter nach Frankreich. In Montmorency bei Paris übernahm sie gemeinsam mit ihrem inzwischen ebenfalls nach Frankreich geflohenen Mann die Leitung der Kinderheime der jüdischen Hilfsorganisation OSE (Organisation pour la santé et l’éducation). Bis zum deutschen Einmarsch in Frankreich kümmerten sich die beiden, er als Direktor, sie als seine Stellvertreterin, vor allem aber als Ärztin und Psychotherapeutin, um die ihnen anvertrauten jüdischen Kinder.

1940 flohen sie in den unbesetzten Teil Frankreichs bei Limoges, wo auch die Kinder zunächst in Kinderheimen untergebracht werden konnten. Im September war es dem Ehepaar Papanek und anderen Mitgliedern der sozialdemokratischen Führung im Exil möglich, mithilfe des US-amerikanischen Jewish Labor Committee nach New York zu fliehen. Trotz der zögerlichen Haltung der USA gelang es ihnen, etwa 240 Kinder in Sicherheit zu bringen. Für 69 Kinder kam die Hilfe zu spät. Sie starben im Vernichtungslager Auschwitz.

In New York arbeitete Helene Papanek zunächst ein Jahr lang als Krankenschwester. 1943 bekam sie die ärztliche Zulassung und hielt bald darauf Vorlesungen über Mental Hygiene am New York Health Departement. Weiters hatte sie eine Praxis als private Psychiaterin und als Psychotherapeutin. Von 1951 bis 1978 war sie als Supervising Psychiatrist am Postgraduate Center for Mental Health tätig sowie parallel dazu als Konsiliarpsychiaterin am Hillside Hospital in Glen Oaks und am Lennox Hospital in New York.
In den USA begann Papanek sich nach und nach auch für die Individualpsychologie zu engagieren. 1952 wurde sie Dean und Executive Director am Alfred Adler Institute in New York, einer Institution zur Ausbildung von IndividualpsychologInnen. Das Drei-Jahres-Curriculum umfasste damals in den ersten beiden Jahren Theorie der Individualpsychologie, Beratungsmethoden und Gruppenpsychotherapie. Im dritten Jahr behandelten die angehenden Therapeutinnen und Therapeuten unter Supervision PatientInnen der Mental Hygiene Clinic.

Auch in einem anderen Bereich war Helene Papanek aktiv. Direkt nach dem Krieg kümmerte sie sich gemeinsam mit ihrem Mann um Hilfslieferungen für Notleidende in Österreich über Hilfsorganisationen wie Associated Austrian Relief und American Friends of Austrian Labor. Nach langer, schwerer Krankheit starb Helene Papanek im Mai 1985 in New York.1

Verfasst von Hadya Nassan-Agha-Schroll

Quellenangaben:

1 Vgl. Jüdisches Museum Hohenems (2017): Hohenems Genealoge. Jüdische Familiengeschichte in Vorarlberg und Tirol. Dr. med. Helene Goldstern. URL: http://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I12253&tree=H
ohenems. Online abgerufen am 27. Juni 2017; vlg. Kenner, C. (2007): Der zerrissene Himmel. Emigration und Exil der Wiener Individualpsychologie. Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht, S. 171–173.

Literaturverzeichnis:

  • Jüdisches Museum Hohenems (2017): Hohenems Genealoge. Jüdische Familiengeschichte in Vorarlberg und Tirol. Dr. med. Helene Goldstern. URL: http://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I12253&tree=Hohenems.
    Online abgerufen am 27. Juni 2017.
  • Kenner, C. (2007): Der zerrissene Himmel. Emigration und Exil der Wiener Individualpsychologie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 171–173.