Helene Bader

Helene Bader wurde am 27. Dezember 1889 in Wien geboren. In der Zwischenkriegszeit war die Erzieherin im Österreichischen Verein für Individualpsychologie in Wien tätig. Sie engagierte sich in der „Wiener pädagogischen Arbeitsgemeinschaft“ und später in der „Arbeitsgemeinschaft für Berater und Erzieher“. In diesen Arbeitsgemeinschaften wurden wissenschaftliche Fortbildungen angeboten. Die Vorträge und Diskussionen, deren Inhalte pädagogische Fragen waren, wurden auf individualpsychologischer Basis abgehalten. Die Ergebnisse wurden in der „Internationalen Zeitschrift für Individualpsychologie“ (IZIP) im Bereich „Heilpädagogik“ veröffentlicht.

Unter Supervision der Ärztin Lydia Sicher, die in Abwesenheit Alfred Adlers das Mariahilfer Ambulatorium in der Sandwirtgasse 3 im 6. Bezirk leitete, wurde Helene Bader die Leitung einer neu eingerichteten Kinderambulanz übertragen. Sie veranstaltete Beschäftigungsnachmittage für Schulkinder, an denen sie unter anderem Nachhilfe, Musik und Sport anbot. An diesen Nachmittagen dürfte Otto F. Kernberg, der wohl bekannteste noch lebende Psychoanalytiker, teilgenommen haben. In einem Interview mit Bernhard Handlbauer im Oktober 1995 erzählte Kernberg, bei Helene Bader Englischunterricht genommen zu haben, zuerst in einem Kinderheim und später in ihrer Wohnung.

„Frau Bader hatte mich, glaube ich, sehr gern […]. Sie hatte da eine Wohnung im fünften Bezirk und ich fuhr da mit der Straßenbahn immer hin. Am 10. November wurde ihre Wohnung zerstört. Alles war kleingeschlagen, außer einem Zimmer, und da musste man durch alle anderen Zimmer durch. Da gab es einen Schreibtisch und eine Lampe und da hat sie mich weiter in Englisch unterrichtet bis wir weg sind.“1

Von 1930 bis 1933 hielt Bader individualpsychologische Vorträge zu den Themen Kindererziehung und Kinderpsychologie. Inhalte ihrer Vorträge und Artikel waren zum Beispiel: „Ein verzärteltes Kind“, „Ausdrucksformen kindlicher Leitlinien“ oder „Der Lebensstil des Kindes in Erzählung, Traum und Spiel“. Sie berichtete über Fallgeschichten von verhaltensauffälligen Kindern, analysierte ihre Erzählungen, ihre Träume und ihr Spiel. 1932 hielt sie einen Kurs über Entwicklungspsychologie in der Ausbildung von IndividualpsychologInnen. Außerdem betrieb sie ein Kinderheim am Piaristenplatz im 8. Wiener Gemeindebezirk.

Am 26. Jänner 1942 wurde Helene Bader nach Riga deportiert und 1952 für tot erklärt.2

Zusammengefasst von Günter Bernsteiner

Quellenangaben:

1 Vgl. Kenner, C. (2007): Der zerrissene Himmel. Emigration und Exil der Wiener Individualpsychologie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 75.

2 Vgl. Kenner, C. (2007), S. 74–76; vgl. Keintzel, Brigitta/Korotin, Ilse (Hg.) (2002): Wissenschaftlerinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Wien/Köln/Weimar: Böhlau.

Literaturverzeichnis:

  • Keintzel, B./Korotin, I. (Hg.) (2002): Wissenschaftlerinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Wien/Köln/Weimar: Böhlau, S.38.
  • Kenner, C. (2007): Der zerrissene Himmel. Emigration und Exil der Wiener Individualpsychologie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 74–76.